Blanko Verordnung (ab 11/24) PT
- marketing-sass
- 9. Dez. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Dez. 2024

Ab dem 01.11.2024 können Ärzte eine sogenannte Blankoverordnung für Physiotherapie ausstellen.
nur für Verordnungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
dort nur für bestimmte – mit den Krankenkassen vereinbarte – Diagnosen.
Erhält der Physiotherapeut eine solche Verordnung, kann er eigenständig die Art des Heilmittels, die Anzahl der Behandlungseinheiten sowie die Frequenz der Therapie bestimmen.
1. Woran erkennt man eine Blankoverordnung?
Das Verordnungsformular ist das bekannte Muster 13. Im Feld „Heilmittel nach Maßgabe des Kataloges“ wird vom Arzt der Text „BLANKOVERORDNUNG“ eingetragen. Darüber hinaus macht der Arzt keine Angaben zum Heilmittel, zu den Behandlungseinheiten und zur Frequenz – diese Felder bleiben leer.
2. Welche wirtschaftliche Verantwortung übernimmt der Physiotherapeut?
Die erweiterte Versorgungsverantwortung bringt eine wirtschaftliche Verantwortung des Therapeuten mit sich. Der Physiotherapeut kann in der Blankoverordnung durch eigenständige Festlegung der folgenden zwei Faktoren die entstehenden Kosten der GKV für physiotherapeutische Behandlungen maßgeblich beeinflussen:
Die Auswahl der Heilmittel gemäß Heilmittelkatalog.
Die Anzahl der Behandlungseinheiten, die durchgeführt werden sollen
Im Rahmen der aktuellen vertraglichen Regelungen obliegt dem Physiotherapeuten die wirtschaftliche Verantwortung für den zweiten Faktor, also für die Anzahl der durchgeführten Behandlungseinheiten. Näheres hierzu wird in Punkt 7 beschrieben.
3. Bei welchen Diagnosen ist eine Blankoverordnung möglich?
Die Blankoverordnung ist bei Erkrankungen im Bereich des Schultergelenks die Regel.
Arthrosen, Weichteilläsionen, Knorpelschäden u. a. (bspw. M19.01 Primäre Arthrose Schulterregion)
Frakturen konservativ und operativ versorgt (bspw. S42.0- Fraktur der Klavikula)
4. Behandlungsphase:
Vor Beginn der Behandlung wird vom Physiotherapeuten eine Eingangsdiagnostik durchgeführt
Im Rahmen der Therapieplanung werden die notwendigen physiotherapeutischen Maßnahmen, sowie die Frequenz, Dauer und Anzahl der Behandlungseinheiten festgelegt
Pro Behandlungstag dürfen maximal zwei vorrangige Heilmittel (zwei unterschiedliche oder zweimal dasselbe) und ein ergänzendes Heilmittel erbracht werden. Die Heilmittel können im zeitlichen Zusammenhang erbracht werden. Es besteht auch die Möglichkeit, mehrmals täglich– bspw. vormittags und nachmittags – zu behandeln.
Im Laufe der Behandlungsserie oder am Ende der Behandlungsserie kann der Leistungserbringer eine weitere Diagnostikeinheit („Bedarfsdiagnostik”) durchführen.
Zwischen der Physiotherapeutischen Diagnostik vor Beginn der Therapie und der Bedarfsdiagnostik müssen mindestens 28 Tage liegen.
Nach 16 Wochen muss die Verordnung beendet werden
5. Welche Heilmittel darf ich im Rahmen der Blankoverordnung einsetzen?
Die Diagnosen (ICD-10-Codes), bei denen der Arzt eine Blankoverordnung derzeit ausstellen kann, sind der Diagnosegruppe „EX – Erkrankungen der Extremitäten und des Beckens” zugeordnet. Das bedeutet, dass bei Erkrankungen im Bereich des Schultergelenks zwischen den vorrangigen und ergänzenden Heilmitteln der Diagnosegruppe „EX” gewählt werden kann.
Das Heilmittel „standardisierte Heilmittelkombination (D1)” ist hier ausgeschlossen.
6. Wie ist der Hausbesuch bei einer Blankoverordnung geregelt?
Bei Hausbesuchen gelten dieselben vertraglichen Bestimmungen wie in der Regelversorgung. Das bedeutet, dass nur der Arzt aus medizinischen Gründen einen Hausbesuch verordnen darf.
7. Diagnostik
Vor Behandlungsbeginn einer Blankoverordnung muss zwingend eine Physiotherapeutische Diagnostik durchgeführt werden.
Die Diagnostik muss vor der ersten Behandlungseinheit erfolgen – aber nicht unbedingt im zeitlichen Zusammenhang.
Das bedeutet, es kann an einem ersten Termin auch nur die Physiotherapeutische Diagnostik stattfinden und an einem anderen Tag die erste Behandlung. Alternativ kann dies auch hintereinander am selben Tag erfolgen
Zur Physiotherapeutischen Diagnostik gehören folgende Leistungen:
Umfassende Befragung und Untersuchung des Patienten zur Festlegung der Therapieziele und der Therapieplanung
Bewertung der patientenbezogenen Unterlagen
Physiotherapeutische Anamnese, ggf. unter Einbeziehung von Bezugspersonen
Physiotherapeutische Inspektion und Palpation (körperliche Untersuchung)
Funktionsprüfung (aktiv und passiv) unter Anwendung adäquater Messverfahren zur Befundsicherung
Screening- und/oder differenzierte Assessmentmethoden, Beobachtungs-, Befragungs- und Testverfahren werden eingesetzt
Erstellen einer physiotherapeutischen Diagnose (Funktionsdiagnose)
Prüfung geeigneter Hilfsmittel
Festlegung der Therapieziele unter Einbezug des Patienten sowie ggf. der Bezugsperson
Dokumentation in der Patientenakte
Edukation des Patienten
Regelleistungszeit: nach Bedarf
Bedarfsdiagnostik:
Bedarfsdiagnostik kann eingesetzt werden als:
a) Zwischendiagnostik: Im Rahmen der Bedarfsdiagnostik werden die im Therapieverlauf erreichten Zwischenziele überprüft und die Therapieplanung ggf. angepasst.
Zwischen der Physiotherapeutischen Diagnostik vor Beginn der Therapie und einer Zwischendiagnostik müssen mindestens 28 Tage liegen.
b) Abschlussdiagnostik: Die Bedarfsdiagnostik kann auch zum Ende der Therapie als Abschlussdiagnostik unter Einbezug der Verlaufsdokumentation erfolgen, wenn während des Behandlungsverlaufs keine Zwischendiagnostik durchgeführt wurde.
Zwischen dem Beginn der Therapie und der Bedarfsdiagnostik müssen mindestens 28 Tage liegen.
Folgende Leistungen gehören zur Bedarfsdiagnostik:
Verlaufs- und befundadaptierte physiotherapeutische Untersuchung und Funktionsprüfung unter Einbezug der Ergebnisse der Physiotherapeutischen Diagnostik vor Beginn der Therapie, ggf. ergänzt durch Retest der eingesetzten physiotherapeutischen Assessments
Bewertung des (bisherigen) Therapieverlaufs und des Erreichungsgrads der TherapiezieleGgf. Anpassung des oder der Therapieziele und des Therapieplans unter Einbezug des Patienten
Dokumentation in der Patientenakte
Edukation des Patienten
Wichtig: Die Physiotherapeutische Diagnostik darf nur von einem Physiotherapeuten durchgeführt werden. Sie ist außerhalb der Therapiezeit zu erbringen.
8. Information an den verordnenden Arzt und Abschlussbefund
Sofern vom Arzt ein Therapiebericht über die erfolgte Behandlung auf der Verordnung angefordert wurde, muss dieser nach Beendigung der Verordnung an den ausstellenden Arzt übermittelt werden.
Der Bericht muss folgende Angaben enthalten:
Geplantes Therapieziel, Erreichung des Therapieziels
Angewendete Heilmittel und Anzahl der Therapieeinheiten, Dauer der Therapie (in Wochen)
Weiterführende Hinweise (z. B. Compliance des Patienten)
9. Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung und deren Prüfung – Ampelsystem
Der Gesetzgeber sieht vor, dass die maßgeblichen Physiotherapieverbände und der GKV-SV Maßnahmen zur Vermeidung unverhältnismäßiger Mengenausweitungen vereinbaren.
Ampelsystem:
Im grünen Bereich erfolgt eine volle Vergütung der physiotherapeutischen Leistungen, im roten Bereich gib es Abschläge bei den Preisen.
Das Ampelsystem gilt nur für die Diagnosen der Liste (siehe S. 3 -S. 7)
Wichtig: Sofern einmal mehr Einheiten, als in der grünen Phase vorgegeben, erforderlich sind, kürzen die Krankenkassen den Vergütungsbetrag für jede zusätzliche Einheit pauschal um neun Prozent.
Wichtig: Diagnosen des besonderen Verordnungsbedarfs sowie langfristig genehmigte Diagnosen (laut Heilmittel-Richtlinie und individuell genehmigte) sind vom Ampelsystem ausgeschlossen. Für sie gilt, dass sie von der wirtschaftlichen Verantwortung der Physiotherapiepraxen ausgenommen sind. Das Ampelsystem findet hier keine Anwendung und es sind auch keine Mengenbegrenzungen zu beachten.
Es gibt zwei verschiedene Ampelsysteme, die für bestimmte Diagnosen greifen :
Wichtig: Die Begrenzungen der Heilmittel-Richtlinie bei der KMT (max. zwölf Einheiten pro Verordnungsfall) gilt auch im Rahmen der Blankoverordnung, d. h. mehr als zwölf Einheiten werden pro Verordnungsfall nicht vergütet.
